28. März 2024

Kisumu am Victoriasee in Kenia

Kisumu ist die drittgrößte Stadt Kenias. Mehr als in der glitzernden Metropole Nairobi können Besucher hier das Leben in einer afrikanischen Großstadt erleben. Das kann durchaus ein Kulturschock sein.

„Bring‘ mir was Schönes mit“, bat mich eine Bekannte vor dem Abflug nach Kisumu. So wie man das halt sagt, wenn jemand wegfliegt. Nur: Aus Kisumu kann niemand etwas mitbringen. Die Stadt hat zwar 330.000 Einwohner, Einheimische behaupten sogar eine halbe Million, zu kaufen gibt es trotzdem nichts. Willkommen im echten afrikanischen Leben! Zu sehen dafür einiges.

Frisch gefangener Fisch an der Ufer-Promenade

Kisumu liegt direkt am Ufer des Victoriasees, des drittgrößten Sees der Erde. Die Stadt hat sogar so etwas wie eine Promenade, aber eben eine etwas andere. Restaurant reiht sich an Restaurant. Fast wie an der spanischen Küste. Die kleinen Gaststätten verkaufen den Viktoriabarsch, der vorher direkt aus dem See geangelt wurde. Das ist auch nötig, denn Kühlgeräte sucht man bei den Restaurants vergebens. Sie würden auch nichts nützen, denn Strom gibt es nicht. Wenn es dunkel wird, helfen Wirte mit Kerzen oder Fackeln. Einen befestigten Weg gibt es auch nicht. Wer sich den Fisch schmecken lassen will, muss durch den Matsch am Ufer wandern.

Hauptattraktion: Nilpferde

In Afrika ist eben alles etwas anders. Hauptattraktion ist der Hippo-Point. Der Nilpferd-Aussichtspunkt. Mit etwas Glück tummeln sich hier die gefährlichsten Tiere der Welt. Die Wahrscheinlichkeit, ein Nilpferd zu Gesicht zu bekommen, ist am Vormittag am größten. Die Menschen in Kisumu haben die Touristen als Einnahmequelle entdeckt. Wer mit dem Boot zu den Tieren fahren will, steigt in eins der kleinen Holz-Boote, die dort vor Anker liegen. Einfache kleine Holzboote. Einheimische fahren mit ihnen zu den Punkten, an denen sich die Tiere gern aufhalten.

Die Innenstadt von Kisumu
Die Innenstadt von Kisumu

Kaum Geschäfte, aber viele fliegende Händler

Doch zurück zu den Souvenirs: Die gibt es schlichtweg nicht, weil die Stadt kaum Geschäfte hat. Ein paar Supermärkte, ein paar Schuhläden. Das war es. Handel wird in Afrika an Marktständen betrieben. Sie stehen über hunderte Meter einer neben dem anderen. Die fliegenden Händler bieten vom echten Ledergürtel für umgerechnet drei Euro über afrikanisches Holzbesteck bis zu Billiguhren und gefälschten Marken-T-Shirts alles an, was Einheimische und Touristen kaufen wollen.

Nicht im Dunkeln auf die Straße gehen

Auch ein Nachtleben hat die Stadt zu bieten. Allerdings ist es für Weiße kein guter Tipp, die Kneipen mit Live-Musik zu besuchen. Schon gar nicht allein. Grundsätzlich wird empfohlen, dass Besucher nur in Gruppen und nur im Hellen das Hotel verlassen. Warum? Auf einem Seminar mit einheimischen Journalisten sind wir im Stadtpark auf eine Menge getroffen, die einen jungen Mann lynchen wollte. Nur das beherzte Eingreifen eines Kollegen hat das verhindert. Der Mann wurde von einer Menge, die ihn umringt, getreten, geschlagen und bespuckt. Weil er ein Handy gestohlen haben sollte.

Lynchjustiz an der Tagesordnung

„Das ist doch ganz normal“, erzählt eine gebildete junge Kenianerin: „Hier gibt es keine richtige Polizei, also nehmen die Menschen das Recht selbst in die Hand“. Tagsüber kann man dagegen relativ gefahrlos durch die Straßen der Innenstadt gehen. Am besten jedoch in Begleitung. Das Geld sollte man dabei in die Socken stecken und trotzdem ein Portemonnaie mitnehmen, in das man aber nur Kleingeld und wertlose Plastikkarten wie eine Payback-Karte steckt. Das stellt einen potenziellen Dieb zufrieden.

Slums von Kisumu
Slums von Kisumu

Menschen hungern

Viele Menschen in Kisumu leben in Blechhütten (siehe Bild oben). Sie haben weder Strom noch fließend Wasser. Von Essen ganz zu schweigen. Die Supermärkte sind nämlich ähnlich teuer wie auf der ganzen Welt, allerdings verdient der Kenianer nur umgerechnet 50 Dollar im Monat. Dies sollte man bedenken, wenn man selbst eine kleine Zwischenmahlzeit auf einem Ausflug auspackt. Es ist empfehlenswert, aus Rücksicht nichts zu essen, wenn Einheimische in der Nähe sind. Die haben nämlich vielleicht seit drei Tagen nichts mehr gegessen.

Kaum Terrorgefahr

In Kisumu begegnen einem immer wieder Backpacker, die allein unterwegs sind. Auch junge Frauen. Wer das tut, darf keine Angst haben. Die Kenianer sind freundlich und hilfsbereit, aber eben bettelarm. Davon geht eine Gefahr für Touristen aus. Immerhin befindet sich Kisumu in einem Teil des Landes, indem es kaum Terroranschläge gibt. Ein besuch ist von daher gefahrloser als ein Ausflug an die Küste oder nach Nairobi. Dort sind Terroranschläge muslimischer Gruppen fast an der Tagesordnung.

Text/Fotos (c) Michael Westerhoff

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