Es klingt auf den ersten Blick paradox: Seit in Lünen keine Kohle mehr gefördert wird, wird im Stadthafen umso mehr Kohle umgeschlagen. Statt aus den örtlichen Zechen kommt die inzwischen aus Amsterdam, Rotterdam und Antwerpen.
Des Rätsels Lösung: Zwar haben die meisten Zechen an der Ruhr inzwischen dicht gemacht, aber die Kohlekraftwerke produzieren nach wie vor Strom aus Kohle. Also muss das schwarze Gold mittlerweile aus aller Welt nach Deutschland geschifft werden. Davon profitieren viele Häfen an der Ruhr. Auch der Stadthafen Lünen. Über eine Million Tonnen Fracht wird hier jährlich umgeschlagen. Mehr als die Hälfte ist Importkohle.
Kohlehändler beliefern aus Lünen hauptsächlich drei Kraftwerke. Eins von der Mark E in Hagen, eins in Bielefeld und ein drittes in Kassel. Früher wurde 80% der Kohle für deutsche Kraftwerke auch in Deutschland gefördert. Heute ist es genau andersrum. 80% der Kohle kommt aus dem Ausland. Bald – wenn 2018 die Subventionen für den deutschen Steinkohlebergbau komplett auslaufen – werden es sogar 100% sein.
Hauptlieferländer sind Kolumbien und Russland, gefolgt von den USA und Australien. Menschenrechtsverbände kritisieren mittlerweile, dass insbesondere in Kolumbien Menschen und Umwelt durch den Bergbau über Gebühr ausgebeutet werden. Für den Stadthafen ist die Entwicklung hin zur Importkohle gut: In den nächsten Monaten soll eine neue Lagerstätte entstehen. Neben der Kohle werden in Lünen unter anderem Altglas, Altpapier und Split umgeschlagen.
Entlang des Stadthafens führt ein Radweg, von dem das Treiben im Hafen gut beobachtet werden kann. Die drei großen Krähne (siehe Foto oben) sind ein schönes Fotomotiv.
Text/Fotos/Nachbearbeitung (c) Michael Westerhoff