5. Dezember 2025

Führung durchs Parlament von Åland

Parlament (in der Mitte) und Verwaltung

Die kleinen Åland-Inseln sind autonom und haben ein eigenes Parlament. Weil es Führungen nur auf schwedisch gibt, muss man sich etwas behelfen.

„Välkommen till Ålands Lagting“, begrüßt mich die Führerin auf schwedisch, Umgangssprache auf den eigentlich zu Finnland zählenden Åland-Inseln. Aber dazu etwas später. „Willkommen im Parlament von Åland“ übersetzt mir der Google-Translator live. Das ist das erste mal, dass ich eine Führung mitmache, bei der ich kein Wort verstehe, und mir alles von Google übersetzen lasse. Live. Mit AirPods. Problem gelöst und damit ab durchs Parlament…

Der Sitzungssaal im Parlament

In meiner Gruppe sind zwei Schweden vom Festland und eine Frau von den Åland-Inseln. Die Tour-Leiterin spricht also schwedisch. Das ist auch die Hauptsprache der Inselgruppe. Die 30.000 Ålander leben in einer autonome Republik, die offiziell zu Finnland gehört, aber sehr unabhängig ist. Der finnische Staat vertritt Åland beispielsweise außenpolitisch. Gesprochen wird hier aber schwedisch. Viele Einheimische sind zwar finnische Staatsbürger, sprechen aber kein finnisch.

Åland gehört zwar zu Finnland, es wird aber schwedisch gesprochen

Dass die Menschen hier schwedisch sprechen, hat etwas mit der Geschichte zu tun. Das Land gehört mehrere hundert Jahre von etwa 1000 bis 1809 zum schwedischen Reich. Danach besetzten die Russen die Inselgruppe. Zeugen dieser Zeit sind zum Beispiel die Festung Bomarsund oder die Sålis-Batterie. Nach der russischen Revolution wollten sich die Åländer Schweden anschließen, der Völkerbund, der Vorgänger der UNO, schlug das Territorium aber Finnland zu.

Blick vom Dach des Parlaments auf Mariehamn, rechts das Meer

Finnland musste Åland aber eine Autonomie gewähren. Ein Zeuge ist das Landtag, durch den meine Besichtigungstour führt. Das Parlament darf über Bildung, Gesundheit, Soziales, Wirtschaftsförderung, Umweltschutz und Verkehr entscheiden. Die Inseln haben ihre eigene Polizei und eigenes Radio und Fernsehen. Finnland entscheidet dagegen über Außenpolitisches und die Währung (wobei hier wie in Finnland der Euro gilt). Alles ist genau im Autonomiegesetz festgelegt.

Åland kann über viele Angelegenheiten selber entscheiden

Über die Geschicke der Inseln entscheidet der Landtag. „Es gibt nur 30 Abgeordnete“, erzählt die Führerin als wir den Sitzungssaal betreten. Am 9. Juni 1922 sei das Parlament das erste Mal zusammengekommen, deshalb sei der 9. Juni heute ein Feiertag, sagt sie.

Eisbärfell auf dem Flur im Parlament

Wieder auf dem Flur fährt einem Gruppen-Mitglied ein Schrecken durch den Körper. Hat da ein Eisbär gebrüllt? Hat er! Auf Åland gibt es zwar keine Eisbären, Grönland hat der autonomen Republik aber ein Eisbärfell geschenkt, das jetzt auf den Gängen des Parlamentsgebäudes hängt. Die Åländer haben daneben einen Lautsprecher gestellt. Immer wenn ein Besucher vorbei geht, löst ein Bewegungsmelder den Eisbär-Schrei aus.

Schwedische Flagge mit rotem Kreuz

Åland hat eigenen Autokennzeichen, eigene Briefmarken und eine eigene Flagge. Die besteht aus dem für Skandinavien typischen Kreuz. Im Grunde sieht sie genauso wie die schwedische Fahne aus. Das Blau und das Gelb stammen aus der schwedischen Flagge. Über das gelbe Kreuz ist aber ein rotes gelegt. Das ist das alte Symbol für Finnland als Finnland noch Provinz von Schweden war.

Die Fahne von Åland

Und nochmal zurück zum Google-Übersetzer. Wenn Ihr das Smartphone in Richtung des Guides haltet, übersetzt euch Google alles live auf Eure Kopfhörer. Man muss sich an die Verzögerung von drei, vier Sekunden gewöhnen. Das funktioniert aber perfekt. Seither nehme ich häufiger an Führungen in einer Sprache, von der ich kein Wort verstehe, teil.

Wer das Parlament in Mariehamn besichtigen will, muss erstmal damit kämpfen, dass die Daten nicht auf der Homepage des Parlaments stehen. Meine Führung war Freitagmittag. Zu der Zeit gibt es eigentlich immer eine Tour durchs Parlament. Vor dem Gebäude steht eine Mini-Tafel mit einem Zettel, auf dem Datum und Uhrzeit der Besichtigungen genannt sind. Ihr könnt spontan hingehen. Die Tour durchs Parlament kostet nichts.

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