Der Ballermann ist keineswegs eine Erfindung der 90er-Jahre. Schon vor mehr als 100 Jahren gab es ähnliche Vergnügungsstätten. Im Fredenbaumpark floss das Bier in Strömen im „Belustigungspark Oberbayern“, außerdem lockten Wasserrutsche, Pferderennen und sogar echte Indianer die Besucher in Scharen.
800 Männer, 500 Pferde – es muss eine spektakuläre Show gewesen sein, mit der Westernlegende Buffalo Bill 1891 in Dortmund einrückte. Echte Indianer und Bisons inklusive. Über 5.000 Menschen lockten der Westernheld aus der Neuen Welt mit seiner Show an. Im späten 19. und früher 20. Jahrhundert gehörten Shwos wie diese zum Wochehendvergnügen insbesondere der Arbeiterklasse.
Die Bürgerlichen waren sich zu fein, um den Fredenbaumpark zu besuchen. Sie zogen es vor, durch den Kaiserhain, den heutigen Westfalenpark, zu schlendern. Währenddessen ging im Fredenbaum die Party ab. Zuerst mit Pferderennen und Flugshows, ab 1912 wurde der Park hochoffiziell zur Vergnügungsmeile umgebaut. Zum so genannten Lunapark, vergleichbar mit dem Wiener Prater oder dem Vorbild der damaligen Zeit, dem Lunapark in Berlin.
Die Menschen rodelten auf einer Sommerrodelbahn, vergnügten sich auf einer Wasserrutsche oder im Hippodrom. Den Lohn setzten sie im „Belustigungspark Oberbayern mit original bayerischer Bedienung“ in Bier um. Schießbuden, ein „Kongo-Negerdorf mit echten Negern“ (Original-Reklameslogan von damals), ein Aquarium und später eine Gebirgsbahn ergänzen den Park. Der Lunapark entwickelte sich zu einer Mischung aus Ballermann und Phantasialand. Bereits im ersten Monat hatten den Park 325.000 Menschen besucht.
Den Nazis ist der gesamte Vergnügungsbetrieb ein Dorn im Augen. Angebliche Mängel an der Elektrik nehmen sie zum Vorwand, um das Treiben zu stoppen und den Park 1937 zu schließen. Einzig die Festhalle „Oberbayern“ bleibt erhalten. Wohl auch, weil sich der Saal für Propaganda-Veranstaltungen anbot. Den endgültigen Garaus machen dem Park 1943 Bombenangriffe, die alle verbliebenen Gebäude mehr oder minder in Schutt und Asche legen.
Nach dem Krieg gibt es mehrfach Initiativen, den Luna-Park wieder aufzubauen, doch alle scheitern, sodass nur ein paar Ruder- und Tretbote in den Teich im Fredenbaum gesetzt werden. Zudem entsteht ein Ausflugslokal, das bis heute besteht. Der Fredenbaum ist so etwas wie die grüne Lunge der Stadt. Waren es damals die Arbeiter, die sich dort vergnügt haben, sind es heute eher die türkischstämmigen Dortmunder und Studenten, die im Umfeld des Parks wohnen.