Von der Hinterhof-Garage aufs Oktoberfest. Giesinger Bräu fordert seit 2006 mit dem „Hellen“ die alten Münchener Platzhirsche heraus. Aus einer Idee von zwei Freunden ist eine große Brauerei geworden.
Helles? Ale? Weißbier? Märzen? Die Entscheidung ist nicht ganz einfach. Die Giesinger Brauerei braut neben dem Hauptprodukt – dem Hellen – auch immer zahlreiche Spezialsorten. Wer alle testen möchte, bestellt im Braistüberl am besten das Set mit drei kleinen Probiergläsern. Dazu gibts im Braustüberl in München-Giesing (Martin-Luther-Straße 2) typische bayerische Spezialitäten von der Weißwurst bis zum Schweinsbraten.
Erste Brauerei-Gründung seit 1930ern
Auf den ersten Blick ist dies ein typischer alt eingesessener Biergarten mit Restaurant. Ist es aber nicht. Giesinger sind die Rebellen auf dem Münchener Biermarkt. Die erste Brauerei-Neugründung seit den 1930er-Jahren. 2006 gründete zwei junge Männer, die mit dem Bier von der Stange unzufrieden waren, ihre kleine Hinterhof-Garagen-Brauerei. Mit Zutaten aus der Region und natürlichen Brau-Verfahren wollten sie den Großen der Branche Konkurrenz machen. Und trafen damit den Nerv der Zeit. Wer hip war und ist, trinkt Giesinger.
Eine unheimliche Erfolgsstory. Nachdem der Hinterhof zu klein geworden ist, erwarben die Giesinger ein Gebäude im Stadtteil, das Werk 1, in dem auch das Braustüberl zuhause ist. Eine Investition von 3,8 Millionen Euro. Ein großer Schritt für Garagen-Brauer, der nur mit Unterstützung von Einheimischen und Fans funktionierte. Hier in Giesing brauen sie bis heute alle Spezialsorten. Fürs Helle war das Gebäude schnell zu klein. Inzwischen gibt es in Feldmoching im Norden der Stadt eine große Brauerei, in der das Helle gebraut wird. Eine Investition von 20 Millionen Euro. 3,5 Millionen kamen über Crowdfunding, also wieder von Fans. Die größte Crowdfunding-Aktion, die es bisher in Deutschland gab.
Großkonzerne stecken hinter Münchner Bier
Der Erfolg der Giesinger ist auch mit der Konkurrenz erklärbar. Auf Münchener Stadtgebiet gibt es aktuell neben Giesinger sechs Groß-Brauereien, die sich auf ihre teilweise Jahrhunderte alte Geschichte berufen. Wenn man genau hinschaut, ist an einigen allerdings nicht mehr allzu viel bayerisch. Löwenbräu und Spaten gehören der weltweit größten Brauereigruppe, der belgisch-amerikanischen Anheuser-Busch InBEV aus Brüssel und New York. An Hacker-Pschorr und Paulaner hält der niederländische Brau-Gigant Heinecken 30 Prozent. Einzig die Augustiner ist noch in Privathand, sie gehört einer Familienstiftung. Das Hofbräu-Bier und das dazu gehörige Hofbräuhaus sind in Besitz des Freistaats Bayern.
Giesinger will aufs Oktoberfest
Diese zum Teil internationalen Konzernen bestimmen auch, wer auf dem Oktoberfest Bier ausschenken darf. Natürlich sie selber. Bislang konnten sie sich darauf berufen, dass auf dem Oktoberfest nur Bier mit Münchener Wasser ausgeschenkt werden darf. Dank eines neuen Grundwasserbrunnens auf dem Gelände der neuen Brauerei in Feldmoching wird Giesinger nun auch mit heimischem Wasser produziert. Das erklärte Ziel ist deshalb, ebenfalls ein Zelt auf der Wiesn zu beliefern.
Das Giesinger Braustüberl ist auf jeden Fall einen Ausflug in den alten Arbeiterstadtteil wert. Alternativ bekommt ihr Giesinger auch bei einem Stehausschank auf dem Viktualienmarkt oder aus der Flasche im Supermarkt.