In Lüderitz in Namibia findet ihr sehr viele deutsche Spuren. Viele Häuser stammen noch aus der Kolonialzeit.
„Kann ich Ihnen etwas über die Kirche erzählen“, fragt mich ein junger Mann, der am Ein gang der Felsenkirche in Lüderitz Prospekte verkauft. Und schon fängt er an zu reden. Über die Geschichte der Kirche und die Deutschen in Lüderitz. Dasselbe Erlebnis habe ich im kleinen Heimatmuseum in Lüderitz. Wie selbstverständlich werde ich von der Frau an der Kasse ins astreinem Hochdeutsch angesprochen.

Doch von vorn: Als ich mit dem Auto nach Lüderitz fahre, kann ich mir kaum vorstellen, dass es hier eine Siedlung gibt. Lange Zeit sieht man nichts anderes als Wüste. Dann zeigt sich auf der linken Seite die Geisterstadt Kolmannskuppe, eine ehemalige Mine, in denen bis in die 1910er-Jahre Diamanten abgebaut wurden.
Stadt am Rande der Wüste
Wenig später taucht die Stadt auf. Ein Fleckchen Erde, in dem das Leben zur deutschen Kolonialzeit nicht gerade angenehm gewesen sein wird. Alles ist felsig und sandig. Als ich ankomme, fegt ein schlimmer Sandsturm über die Stadt. Wer durch den Wind spazieren geht, bekommt von den Sandkörnern ein Gratis-Peeling. Es sei nicht immer so schlimm, versichern mir Einwohner. Aber doch häufig.

„Hier soll Afrika sein?“, fragt man sich unweigerlich, wenn man durch den Ort geht. Die meisten Häuser sind zwischen 1907 und 1913 gebaut. Es wirkt schon sehr deutsch. Ein Prospekt der Stadtverwaltung weist 24 bedeutende deutsche Gebäude auf. Ein Bezirksgericht, eine Turnhalle, alte Händlerhäuser, ein Bahnhof und natürlich die oben erwähnte Felsenkirche, die bis heute der deutschen evangelischen Kirche Namibias gehört. Praktisch der ganze Stadtkern besteht aus deutschen Häusern.
Spaziergang durchs alte Lüderitz
Den Prospekt kann ich euch nur empfehlen. den gibt es zum Beispiel an der Hotelrezeption. Hier sind alle Gebäude beschreiben und ein kleiner Spaziergang über die „Lüderitz Heritage Route“ eingezeichnet. Im Ort findet ihr auch ein kleines deutsches Museum. Dort gibt man euch gern Tipps. Auch dort liegen Prospekte rum.

Ein Stadtrundgang ist also auch so etwas wie eine Zeitreise ins Deutsche Reich um 1910. So hat man damals gelebt. Faszinierend. Die meist schwarzen Einwohner wirken seltsam in dieser so deutschen Kulisse. Seit den 1990er-Jahren sind viele Gebäude renoviert worden. Das Örtchen, lange Zeit von hoher Arbeitslosigkeit geprägt, erlebt einen kleinen Aufschwung. Die namibische Regierung investiert in den Hafen. Die Bevölkerung hat die Hoffnung, dass sich das Städtchen jetzt zum Positiven entwickelt.
Hat Lüderitz Hereros übers Ohr gehauen?
1883 hatte der Kaufmann Adolf Lüderitz hier Land erworben. Erst einen kleinen Streifen. Später noch ein größeres Areal. Angeblich hat er dabei einen Herero-Häuptling über Ohr gehauen. Lüderitz erwarb ein Grundstück von 40 x 20 Meilen. Angeblich habe der Häuptling gedacht, dass Lüderitz über englische Meilen spreche (1,6 km) , Lüderitz rechnete aber in preußischen Meilen (7,5 km). Diese Geschichte steht so häufig in deutschen Artikeln. Ein renommierter namibischer Historiker mit deutschen Wurzeln behauptet dagegen, dass das nicht belegt sei und der Häuptling für ein paar Waffe alles verkauft habe.

1884 erklärte das Deutsche Reich Lüderitz zur deutschen Kolonie, nachdem der Bremer Kaufmann das Reich zu Hilfe gerufen hatte, weil ihm das Geld ausging. Adolf Lüderitz erlebte die Entwicklung des Örtchens nicht mehr. Er starb 1886 auf einer Expedition. Was genau passierte, ist nicht bekannt. Erst danach wurde das Örtchen in Lüderitzbucht umbenannt. Später erlebte die Stadt einen Aufschwung, weil Diamanten gefunden wurden.
Geisterstadt und Pinguine
Die alte Mine mit der Geisterstadt Kolmannskuppe könnt ihr besichtigen. Allerdings müsst ihr vorher ein Ticket buchen. Infos gibt es in der Regel an der Hotelrezeption oder auf der Webseite Kolmanskuppe. Es gibt sowohl deutsche als auch englische Touren. Ohne Anmeldung kommt ihr nicht in die Geisterstadt. Sie ist wegen der Diamanten wie das gesamte Areal Sperrgebiet.

Eine weitere Ausflugsmöglichkeit findet ihr in Roberts Hafen. Dort startet ein kleines Boot, um euch zur Pinguininsel zu bringen. Das Boot fährt zu den Brutstätten. Ihr könnt auf dem weg auch Robben sehen.
Spaziergang zur Haifischinsel
Noch ein letzter Tipp: Auf euerm Spaziergang durch den Ort könnt ihr auch durch den Hafen zur Haifischinsel gelangen. Ein spannender Ort mit Leuchtturm und Campingplatz. Hier waren Herero in einem Konzentrationslager interniert. Sie bauten u.a. ein Landbrücke nach Lüderitz, deshalb ist es heute nur hoch eine Halbinsel. Der Name „Stark Island“ deutet es an. Mit etwas Glück könnt ihr Haie sehen.

In vielen vorgeplanten Rundreisen fehlt Lüderitz, weil man dafür einen Schlenker zum Meer fahren muss. Wenn Ihr die Wahl habt, nehmt Lüderitz mit. Es ist wirklich ein spannender Ort. Vor den Toren der Stadt könnt ihr das alte Dorf der Diamentenarbeiter besichtigen. Außerdem bietet sich ein Ausflug mit dem Boot zu den Pinguinen, die vor der Stadt brüten, an.
Diskussion über Lüderitz in Deutschland
In Deutschland sind in den vergangenen Jahren beispielsweise in Bochum und Berlin Lüderitzstraßen umbenannt worden. Namibia bleibt dagegen beim Namen Lüderitz. Es gibt sogar einen Ersatznamen, der „!Nam#Nus“ lautet. Der hat sich aber nie durchgesetzt. Auch die Lüderitzstraße in Swakopmund heißt nach wie vor so.