Böse Billigflieger, gute traditionelle Airlines. So verläuft häufig die Diskussion, wenn es um klimaschonendes Fliegen geht. Dabei sind Billigflieger wesentlich besser als ihr Ruf.
„Wie kann ich denn besonders klimafreundlich nach Lissabon fliegen?“, fragte mich kürzlich eine Kollegin, die sehr umweltbewusst ist. Meine Antwort überraschte sie: „Mit einem Billigflieger!“ Das wollte sie natürlich nicht unbedingt hören. Aber wem das Klima am Herzen liegt, sollte keinen Bogen um die Low-Cost-Airlines machen. Das hat im Wesentlichen drei Gründe.
Faktor 1: Alter der Flugzeugflotte
Hiermit konnten die Billigairlines jahrelang punkten. Das lag in der Natur der Sachen. Die Fluggesellschaften wurden häufig erst vor wenigen Jahren gegründet. Schon deshalb fliegen sie eine jüngere Flugzeugflotte als die traditionellen Airlines. Bei Flugzeugen ist das ähnlich wie bei Autos. Neuere Modelle verbrauchen weniger als alte. Deshalb ist der Faktor wichtig bei der Wahl einer Airline nach ökologischen Gesichtspunkten.
Im Jahr 2013 war das durchschnittliche Ryanair-Flugzeug gerade mal fünf Jahre alt, das von Lufthansa hatte doppelt so viele Jahre auf dem Buckel. Nun gibt es die Billigflieger schon seit einigen Jahren, alteingesessene Airlines haben ihr Flotte erneuert, die Maschinen der neuen Konkurrenz sind älter geworden. So war das durchschnittliche Lufthansa-Flugzeug 2020 12,1 Jahre alt, das von Ryanair 11,4 Jahre. Eine wesentlich jüngere Flotte haben Easyjet (8,2 Jahre) und Wizzair (6 Jahre).
Faktor 2: Motorleistung
Ryanair braucht besonders lange Start- und Landebahnen. Damit haben einige Flughäfen Probleme, weil sie über eine relativ kurze Bahn verfügen. Dass Ryanair mehr Anlauf braucht, liegt daran, dass die Fluggesellschaft mit gedrosselten Motoren fliegt. Wer bei Ticketpreisen von 9,99 Euro noch Geld verdienen will, muss sparen, wo es nur geht. Auch beim Kerosinverbrauch.
Euch ist vielleicht schon aufgefallen, dass Flüge heutzutage manchmal länger als vor zehn Jahren dauern. Auch das hat was mit den teuren Kerosinpreisen zu tun. Vergleichbar mit dem Auto. Wenn Ihr mit 120 km/h fahren, brauchen Sie auch weniger Sprit als mit 150 km/h. Ein langer Flug ist aus ökologischer Sicht also besser als ein flotter.
Faktor 3: Sitzplatz-Auslastung
Ryanair ist der König der Bestuhlung. Die Fluggesellschaft fliegt ausschließlich die Boeing 737-800 mit maximaler Bestuhlung mit 189 Sitzen. Das ist zwar eng und nicht gerade luxuriös, aber klimafreundlich. Ja mehr Sitze in einem Flugzeug sind, desto effizienter ist der Flug. Kurz zum, Vergleich: Bei KLM befinden sich im selben Flugzeugtyp nur 186 Sitze, bei Quantas 174 und bei United Airlines sogar nur 166 Sitze.
Nun nutzt die engste Bestuhlung nichts, wenn keiner die Tickets kaufen würde. Von daher muss in die Betrachtung auch noch die Auslastung der Flugzeuge einbezogen werden. Und auch da haben die Billigflieger die Nase vorn. Die Lufthansa-Gruppe verkauft circa 80 Prozent aller Plätze, 20% bleiben im Durchschnitt leer. Andere traditionelle Fluglinien kommen auf etwas höhere Werte: IAG (British Airways, Iberia) auf 82%, die KLM-Air France auf 86%. Da liegen die Billigflieger Ryanair (Auslastung 91%), Easyjet (92%) oder Wizzair (91 – 95%) wesentlich besser. Auch von daher ist ein Flug mit diesen Gesellschaften ökologisch sinnvoller.
Fazit: Billigflieger klimafreundlich
Betrachtet man diese drei Faktoren zusammen, muss man wohl oder übel feststellen, dass Billigflieger klimafreundlicher fliegen als traditionelle Airlines. Zu diesem Schluss kommt selbst die Umwelt-Portal Atmosfair, das in seinem Airline-Index Ryanair mit B eine bessere Öko-Effizienzklasse gibt als der Lufthansa (Klasse C). Und das obwohl Atmosfair noch zu Ungunsten der Low-Cost-Carrier trickst. Ryanair bekommt eine Abwertung wegen angeblicher Subventionen.
Test/Fotos (c) Michael Westerhoff