26. April 2024

Im U-Boot abtauchen – der Seaplane Harbour in Tallinn

Ein U-Boot von 1977 ist die große Attraktion in Seaplane Harbour in Tallinn. Im estnischen Seefahrtsmuseum gibt es auch einen Eisbrecher von 1914 zu sehen.

Alarm. Die Marine-Soldaten laufen aus ihren engen Kojen stellen sich auf und laden dann die Torpedos des U-Boots Lembit. Das kann man sich deshalb so gut vorstellen, weil die Soldaten als Animation auf die Außenhaut der Lembit projiziert werden. Ein toller Trick, der das Museum sehr lebendig und das ausgestellte Boot sehr verständlich macht. Das Schiff wurde 1937 für das damals unabhängige Estland gebaut, im Zweiten Weltkrieg aber von der sowjetischen Armee übernommen. Erst nach der Unabhängigkeit haben die Esten das Schiff zurück bekommen. Diese Geschichte erklärt, warum Esten im Museum ihren Kindern stolz ein Kriegsschiff vorführen. Auf uns Deutsche wirkt das gelegentlich etwas befremdlich.

Das U-Boot kann auch von innen besichtigt werden

Die Lembit gehört zu den wenigen Museums-U-Booten, die nicht für Besucher „bearbeitet“ oder vergrößert wurden. Wer das Schiff heute durch die obere Luke betritt, geht genau den Weg, den Soldaten über Jahre gegangen sind. Das ganz Boot inklusive Koje des Kapitäns, Torpedos, schmale Betten der Soldaten und Klo kann besichtigt werden. An mehreren Stellen können Besucher einen Knopf drücken, dann erzählt eine Stimme (auf englisch) die Funktion dieses Bootsteils. Beeindruckend ist die Enge, in der die Soldaten im U-Boot gelebt haben.

U-Boot: Auch von innen zu besichtigen

Das Boot ist das zentrale Ausstellungsstück der großen Halle. Es gibt noch einige Stationen, in denen sich Besucher in Kriegsflugzeuge setzen und virtuell über Tallinn fliegen können. An einem kleinen Wasserbecken kann man Kriegsschiffe steuern oder an anderer Stelle ein gelbes U-Boot wie die „Yellow Submarine“ der Beatles betreten. Eine animierte Figur erklärt wie U-Boote tauchen und geht mit den Besuchern virtuell auf Tauchfahrt vor der Küste von Tallinn.

Das Wasserflugzeug Short 184

In einer Ecke wird auch die Geschichte des Gebäude erzählt, in dem sich das Museum befindet. Das erklärt auch den etwas verwirrenden Namen. Das Museum heißt nämlich „Lennusadam Seaplane Harbour“, obwohl es nur am Rande um Wasserflugzeuge geht. Das eindrucksvolle riesige Gebäude wurde von 1916 bis 1941 als Hangar für Wasserflugzeuge, also Seaplanes, genutzt. Vor den Hallen befand sich der Wasserflughafen. Nach 1941 wurden es als Lagerhalle benutzt.

Ehemaliger Wasserflughafen

Ab 2010 wurden die teils verfallene Halle und das dazu gehörige Aussengelände aufwendig restauriert. 2012 zog das beeindruckende Museum ein. Die Ausstellung ist sehr schön und anschaulich gestaltet. Überall lässt was anfassen und persönlich erfahren und ausprobieren. In der Hinsicht ein sehr vorbildliches Museum. Man muss nur was mit Militärgeschichte anfangen können sonst wirkt alles – wie oben erwähnt – etwas befremdlich.

An der Decke hängt übrigens tatsächlich ein Wasserflugzeug. Die Short 184. Das erste Flugzeug, das erfolgreich einen Torpedoangriff auf ein Schiff durchgeführt hat. Es handelt sich um einen Nachbau dieses britischen Schiffstyps. Es gibt keine erhaltenen Exemplare mehr. Die estnische Armee verfügte von 1919 bis 1933 über acht dieser Short-Flugzeuge, die im heutige Museum gewartet wurden.

Eisbrecher auf dem Außengelände

Neben zahlreichen kleinen Objekten wie Bojen fällt im Museum noch ein Holzwrack auf. Es handelt sich um ein im 16. Jahrhundert hergestelltes Schiff, das vor der Küste Estlands geben wurde. Es ist das älteste existierende Schiff aus estnischer Produktion.

Eisbrecher auf dem Außengelände

Zum Museum gehört auch ein Außengelände, auf dem mehrere Schiffe liegen. Man kann auf die Schiffe gehen und sie besichtigen. Das beeindruckendste Schiff ist sicherlich der Eibrecher Suur Töll, gebaut 1913/14 auf der Vulcan-Werft in Stettin. Von Dampf-Eisbrechern sind nur noch wenige Exemplare erhalten.

Wer eine Tallinn Card hat, kann das Museum kostenlos besichtigen. Das Museum ist wirklich beeindruckend. Auch für Armee-Skeptiker. Es ist in einer guten Viertelstunde zu Fuß von der Tram-Haltestelle „Linnahall“ zu erreichen. Auf dem Weg liegt noch das ehemalige sowjetische Gefängnis Patarei, das ebenfalls besichtigt werden kann.

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