Soziale Wohnungsbau gab es schon vor 500 Jahren: Wer eine Wohnung in der Fuggerei in Augsburg ergattert, zahlt bis heute nur 88 Cent Jahresmiete.
88 Cent kalt. Plus drei Gebete. Plus Nebenkosten. Preiswerter als in der Fuggerei in Augsburg kann man kaum wohnen. Voraussetzung: Die Mieter müssen katholisch sein und dreimal am Tag beten. So haben die Fugger es einst vorgeschrieben. Und es gilt bis heute so. Einen Rheinischen Gulden mussten die Mieter 1521 zahlen als die Fuggerei erbaut wurde. das sind umgerechnet 0,88 Euro. Der Mietzins gilt bis heute.
Wer die Fuggerei heute besucht, sieht: Was man da für 88 Cent im Jahr bekommt, ist nicht übel. Eine 60 Quadratmeter große Wohnung. 2,5 bis 4,5 Zimmer. Im Erdgeschoss mit Garten. Oderalternativ eine Wohnung im ersten Stock. Ohne Garten. In der Fuggerei befindet sich eine Musterwohnung, die besichtigt werden kann. Die Fuggerei besteht aus 67 Häusern, 142 Wohnungen und 150 Bewohnern.
Und das ist vielleicht einer der Hauptnachteile: Tagsüber starren Menschen in Wohnungen, klopfen oder laufen in großen Gruppen durch die Siedlung. Tagsüber ist die Fuggerei nämlich für Besucher geöffnet. Mehrere Museen gibt es auf dem Gelände. Die Musterwohnung. Eins über die Fugger und ein Bunker aus dem Zweiten Weltkrieg. Eine Tafel an einem Haus zeigt: Hier haben auch berühmte Menschen gewohnt. Der Ur-Großvater von Wolfgang Amadeus Mozart, Franz Mozart, lebte von 1681 bis zu seinem Tod 1693 in der Fuggerei.
Jakob Fugger errichtete die Sozialsiedlung 1521, um der zunehmenden Armut von Handwerkern und Tagelöhnern entgegenzuwirken. Bettler durften nicht in der Fuggerei wohnen, legte Jakob Fugger fest. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Fuggerei größtenteils zerstört, nach dem Krieg wurde sie originalgetreu wieder aufgebaut. Dabei entstanden zusätzliche Wohnungen.