19. April 2024

Fond-de-Gras – spannende Industriegeschichte zum Anfassen

In Fond-de-Gras fahren noch Dampfloks, stehen 100 Jahre alte Walzstraßen und Elektrizitätswerke. Ein Freilichtmuseum mit Industriegeschichte und Wanderwegen.

Der offizielle Untertitel von Fond de Gras ist etwas sperrig, sagt andererseits aber alles: „Minett Park – Parc Industriel, Naturel et Ferroviare“. Also ein Industrie-, Natur- und Eisenbahnpark. Hier dampfen alte Loks, steht eine alte Walzstraße, eine Halle, in der alte Eisenbahnen restauriert werden. Und wandern kann man hier auch ausgesprochen gut. Mitten im alten Eisenerz-Bezirk von Luxemburg.

…und plötzlich taucht bei einer Wanderung eine Grubenbahn auf

„Land der roten Erde“ hieß dieser Bereich von Luxemburg lange Zeit. Hier gab es reichlich Vorkommen an rotem Eisenerz, das so dringend in Deutschland für die Produktion von Stahl gebraucht wurde. Das Erz lag nah der Oberfläche, konnte teilweise im Tagebau oder direkt unter der Erde abgebaut werden. Bis 1955 bauten Bergleute den wertvollen Bodenschatz rund um Fond-de-Gras ab. Er ging in die Hütten an der Saar, im Ruhrgebiet oder ins Stahlwerk in Esch-sur-Alzette.

Zahlreiche alte Anlagen erinnern in Fond-de-Gras an diese Geschichte. Hier fährt eine alte Grubenbahn. Und hier steht eine 1909 in Esch vom Gelsenkirchener Bergwerksgesellschaft (siehe blauer Kasten unten) gebaute Walzstraße, die noch bis 1989 im Einsatz war. Danach wurde sie hier hin gebracht. Im Freilichtmuseum wird Luxemburger Industriegeschichte gesammelt. Das gilt auch für das Elektrizitätswerk in der Paul-Wurth-Halle, das ursprünglich in Luxemburg-Stadt stand.

Due alte Walzstraße von 1909

Höhepunkt für die meisten ist aber natürlich die Sammlung der alten Loks, Personen- und Güterwagen. In einem kleinen von einem Verein betriebenen Museum habe ich noch nie so viele auf einmal gesehen. Etwa 20 Loks und Triebwagen, 20 Personenwaggons, 20 Güterwaggons. Ein Paradies für Fans alter Eisenbahnen.

Die Walzstraße und andere Überbleibsel der Industriegeschichte sind das ganze Jahr über frei zugänglich. Die Loks und Waggons werden von einem Verein Ehrenamtlicher gepflegt, deshalb ist dieser Teil des Museums nur sonntags von Anfang Mai bis Ende September geöffnet. In dieser Zeit könnt ihr auch mit einer alten Dampflok fahren. Nähere Infos auf den Seiten des Minett-Parks.

Triebwagen aus einem Werk in Krefeld-Uerdingen

Mit etwas Glück trefft ihr aber auch außerhalb der offiziellen Öffnungszeiten Leute dort an. Einfach ausprobieren. ich war beispielsweise an einem Samstag im Oktober dort. Die hallen waren geöffnet und ich konnte einfach schauen. Am Wochenende solltet ihr Glück haben, weil die Ehrenamtlichen dann die Züge restaurieren.

Esch-sur-Alzette, Fond-de-Gras und das Ruhrgebiet: Die Industriekultur erinnert schon stark an das Ruhrgebiet. Der Stahlstandort wurde 1909 tatsächlich von der Gelsenkirchener Bergwerks-AG errichtet. Das Stahlwerk hieß ursprünglich Adolf-Emil-Hütte. Eine Walzstraße der Bergwerksgesellschaft war bis 1989 in Betrieb und steht heute im Freilichtmuseum in Fond-de-Gras. Nach dem Ersten Weltkrieg war das Gelsenkirchener Unternehmen gezwungen die Anlagen an den Luxemburger Konkurrenten ARBED zu verkaufen. Zur Bergwerks-AG gehörten u.a. auch die Zeche Nordstern in Gelsenkirchen, die Zeche Holland in Bochum-Wattenscheid, die Zeche Zollern in Dortmund und auch die Stahlwerke Phoenix in Dortmund.

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