4. Oktober 2024

Saudi Arabien – das unentdeckte Reise-Land

Stein-Formation bei Al'Ula

Saudi-Arabien war lange so verschlossen wie Nord-Korea. Seit 2020 dürfen Touristen einreisen. Es ist ein faszinierendes und manchmal auch irritierendes Land.

Selten bin ich nach meinen Reisen so häufig gefragt worden: „Wie war es? Erzähl mal!“. Saudi-Arabien ist für uns ein unbekanntes, faszinierendes und irritierendes Land. Neben Öl verbinden die Menschen bei uns mit dem Wüstenstaat eher negative Assoziationen wie nicht vorhandene Frauenrechte. Aber im Grunde wissen wir wenig. Eine zweite Frage war in den Gesprächen dann nämlich immer: „Was gibt es da eigentlich zu sehen?“ Eine Menge!

Saudi-Arabien hat eine faszinierende Natur. Wir denken an Sand und Wüste. Wer im Land unterwegs ist, merkt: Wüste ist nicht gleich Wüste. Du bist zwar vier Stunden im Nirgendwo unterwegs, aber trotzdem wechselt die Landschaft alle zehn Minuten. Mal ist es eine gold-braune Wüste, mal eine helle, mal ist es gebirgig, mal ist es flach, mal sandig, mal eher steinig. Für Mitteleuropäer, die Sand vom Strand kennen, eine völlig neue Erfahrung.

Landschaften wie im Wilden Westen

Um Al’Ula wechselt die Wüste plötzlich in eine Landschaft, die wir im Wilden Westen vermuten würden. Riesige Canyon. Braune, rote, schwarze Steine. Riesige Täler. Felsen, die wie Gesichter oder Elefanten aussehen. Das Bild ganz oben ist dort aufgenommen. Aussichtspunkte, die man im Grand Canyon vermuten würde. Und immer wieder: Freundliche, höfliche Menschen. Meist Männer. Ja. Aber dazu später. Das Foto ganz oben stammt zum Beispiel aus der Gegend von Al’Ula.

Saudi-Arabien hat auch Kultur. Zum Beispiel riesige Steingräber in Hegra, die die Nabatäer vor 2000 bis 2500 Jahren angelegt haben (siehe Foto oben). Bei uns sind diese Felsengräber aus Petra in Jordanien bekannt. Tausende Deutsche fahren dort alljährlich hin. Es gibt ganz ähnliche Stätten aber auch in Saudi-Arabien. Und die haben einen Vorteil im Vergleich zu Petra: Sie sind nicht überlaufen. Man muss sich nicht drängeln. Man hat einen freien Blick, bekommt in kleinen Gruppen Erläuterungen. Manchmal steht ma auch ganz allein vor dem Guide.

Tourismus ganz am Anfang

Der Tourismus in Saudi-Arabien entwickelt sich erst. das Land hat sich erst 2020 für Besucher geöffnet. Vorher kamen schon 10.000 Menschen aus Deutschland ins Land. Aber als Pilger, nicht als Touristen. Seit der Öffnung 2020 waren trotzdem wenig Europäer im im Wüstenstaat. Das lag an Reisebeschränkungen wegen Corona. Man merkt, dass die Saudis an vielen Stellen noch nicht wissen, was Touristen sehen und hören wollen. Wie auch. In einigen Hotels, in denen ich abgestiegen bin, war ich der allererste Deutsche. Und es waren ordentlich Hotels, nicht Absteigen. So muss man sich drauf einstellen, dass die Saudis alles stehen und liegen lassen (auch dich als Besucher), wenn gerade Gebetszeit ist. In Dschidda hat man sich schon besser auf die Bedürfnisse eingestellt, auf dem Land noch nicht unbedingt.

Aber man merkt: Saudi-Arabien hat Großes vor. Al’Ula wird mit breiten Straßen und einer wunderschön renovierten Altstadt für Touristen-Anströme vorbereitet. Auf der Straße stehen Einweiser wie im Phantasialand oder im Europapark Rust. Nur fehlen die Besucherströme. Dschidda verfügt über eine von der UNESCO als Welterbe anerkannte Altstadt mit 500 alten Gebäuden. Über Jahre ist alles verfallen. jetzt wird im Kraftakt alles renoviert. Man ahnt: Hier strömen in ein paar Jahren Zehntausende durch die Gassen und bewundern die grandiose Altstadt.

Kein Alkohol und verschleierte Frauen

Mit der Formel 1, der Formel E in Riad oder der Rally Dakar macht Saudi-Arabien bereits international auf sich aufmerksam. Das Land verfolgt eine ähnliche Öffnungs- und PR-Strategie wie Katar und die Vereinigte Arabischen Emirate. In der saudischen Variante. Die bedeutet: Kein Alkohol nirgendwo und verschleierte Frauen. Ja. Das wirkt irritierend auf westliche Besucher. Und natürlich fragt man sich unweigerlich: Wird das Land diese strenge Religiosität bei gleichzeitiger Öffnung durchhalten? Wie wird es auf saudische Frauen wirken, wenn sie Frauen aus dem Westen kennenlernen, die über ganz andere Rechte als sie verfügen. Die Öffnungsstrategien bergen durchaus Gefahren für die streng Religiösen im Land. Und das Königshaus.

Fünfmal am Tag beten

Aber natürlich ist auch das Teil der Faszination des Landes: Es ist so anders als Europa. Es ist religiös so wie wir es seit Jahrzehnten (wenn nicht Jahrhunderten) bei uns nicht mehr kennen. Zeitweise kamen mir die Menschen wie hypnotisiert vor. Wie Menschen in einer Sekte. Ob sie damit glücklich oder unglücklich sind? Ich kann es nicht beurteilen. Schon gar nicht, was die Frauen denken. Die Männer, die ich kennenlernen durfte, waren alle überzeugt von ihrer strengen Gläubigkeit. Sie hatten keine Zweifel. Es war keine lästige Pflicht, fünfmal am Tag zu beten.

Felszeichnungen bei Jubbah

Doch zurück zum Land: Bei Jubbah findet sich ein weiteres UNESCO-Welterbe. Felsmalereien, die innerhalb von 10.000 Jahren entstanden, teilweise aus der Jungsteinzeit stammen. In einer solchen Masse wie ich sie noch nie gesehen haben. Und wohl auch kaum ein anderer Europäer. Weil schlichtweg kaum Besucher kommen. Erst 2008 hat die UNESCO begonnen, Welterbestätten wie die Nabatäer-Gräber, die Altstadt von Dschidda oder eben die Felszeichnungen unter Schutz zu stellen.

Altstadt von Dschidda

Der absolute Gegensatz ist die glitzernde Metropole Riad mit seinen Wolkenkratzern und mindestens sechs Millionen Besuchern. Eine Metropole wie ich sie so auch noch nicht erlebt habe. Es gibt schließlich kein klassisches Nachtleben, keine Clubs, keine verrauchten Kneipen in Saudi-Arabien. Die Menschen amüsieren sich in Shopping-Malls, Vergnügungsparks und Kinos. Ich kann nur sagen: Gönnt euch diese faszinierende und irritierende neue Welt. Und urteilt nachher selber.

Saudi-Arabien im Video:

Kommentar verfassen