In kaum einer Stadt gibt es so viel auf engstem Raum zu sehen wie in Tallinn. Allein im Bereich der Altstadt gibt es mindestens 100 Sehenswürdigkeiten. Ich beschränke mich deshalb mal auf das Wichtigste:
In Tallinn kann man gut und gerne drei oder vier Tage verbringen. Es gibt echt viel zu sehen. Die meisten Tipps liegen in der City bzw. in der unmittelbaren Nähe. Sie sind problemlos zu Fuß zu erreichen. Nur das Schloss Kadriorg, die Sängerbühne und der Strand in Pirita liegen außerhalb. Sie sind aber problemlos mit Straßenbahn oder Bus zu erreichen. Mit der Tallinn Card könnt ihr kostenlos Busse und Bahnen benutzen.
1. Durch die Altstadt (Unterstadt) gehen
Das alte Rathaus (siehe Foto oben) aus dem 14. Jahrhundert, das Schwarzhäupterhaus, die stolzen Bürgerhäuser entlang der Straßen Pikk und Lai. Geprägt und gebaut von deutschen Hansekaufleuten. Im Sommer könnt ihr auf den Rathausturm und das mittelalterliche Gebäude besichtigen. Und drumherum eine Stadtmauer, die man begehen kann. Zum Beispiel den Hellemann Turm und die Befestigungen links und rechts. Die Unterstadt war der bürgerliche Teil des damaligen Reval, in der die Hansekaufleute das Sagen hatten. Zwischen der Unterstadt und dem Domberg gab es nur zwei schmale Wege. Sie waren im Mittelalter zwei getrennte Städte.
2. Auf den Domberg klettern
Auf dem über der Altstadt gelegenen Domberg hatten Adel und Klerus das Sagen. Zu den Highlights gehören das Schloss, das heute das Parlament beherbergt, die russisch-orthodoxe Kathedrale und die Domkirche. Dort könnt ihr auf den Turm steigen. Auf dem Domberg gibt es mehrere (ausgeschilderte) Aussichtspunkte, von denen ihr einen wunderbaren Blick auf die Altstadt hat. Das Foto ganz oben ist von einem dieser Punkte aufgenommen. Der Domberg ist heute so etwas wie das Diplomaten- und Regierungsviertel. Auch die deutsche Botschaft hat hier ihren Sitz.
3. Durch die Katakomben unter der Stadt spazieren
Ihr könnt in Tallinn mehrere hundert Meter in unterirdischen Gängen unter dem Domberg hergehen. Die Katakomben werden 1630 gebaut, um Munition zu lagern. Im Laufe der Jahrhunderte gab es immer wieder unterschiedliche Nutzer. Die Kommunistische Partei, Punks, Obdachlose. Die Geschichte ist in den Gängen dokumentiert. Außerdem gibt es hier eine Ausstellung von Grabsteinen, die über die Jahrhunderte gefunden wurden. In vielen Reiseführern ist die Rede davon, dass ihr die Gänge nur mit einer Führung besichtigen könnt. Das stimmt nicht mehr. Sie gehören zum Museum Kiek in de Kök, das auch eine Ausstellung über die Befestigungsanlagen und Spuk in Tallinn, beherbergt. Mit dem Eintritt könnt ihr auch allein ohne Führung durch die Gänge.
4. Die Mischung aus alt und neu bewundern
Das Rotermann-Viertel bietet eine besondere Mischung aus alt und neu. Es ist ein altes Fabrikgelände aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert. Weil Teile von den Sowjets abgerissen wurden, wurde das Viertel durch einige moderne Gebäude ergänzt. Heute sind hier Boutiquen und Restaurants untergebracht. Zudem befindet sich im dazugehörigen Salzspeicher das Architekturmuseum. Das Viertel liegt am Rand der Altstadt. Auf halbem Weg vom Kreuzfahrtterminal in die Innenstadt.
5. Die Linnahall scheußlich finden
Sie ist so scheußlich, dass sie fast wieder schön ist. Aber nur fast. Die Linnahall, eine Veranstaltungshalle aus der Sowjetzeit. Ein flacher Koloss aus Beton, der an eine Landebahn für Außerirdische erinnert. Früher haben hier 5.000 Menschen Parteikongressen, aber auch Duran Duran gelauscht. Seit 2010 steht die Halle leer. Sie ist so flach gebaut, weil sie den Blick auf die Altstadt von Tallinn nicht blockieren sollte. Ein Lost Place mitten in Tallinn. Zumindest gucken sollte man mal.
6. Eine Kleinigkeit in der Markthalle essen
Die Markthallen am Bahnhof locken mit frischem Obst- und Gemüse, trendigen kleinen Ständen mit originellen Speisen und mit einem etwas schrägen Vintage-Markt im Obergeschoss. Im Erdgeschoss findet ihr einen Bio-Supermarkt, zahlreiche Stände, an denen ihr Obst, Gemüse oder Fleisch kaufen könnt. Die klassischen Produkte, die es in Markthallen gibt. Außerdem gibt es eine Reihe kleiner Lokale, die von Burger bis Pralinen handgemachte und selbst gekochte Speisen anbieten. Ideal für einen kleinen Snack zwischendurch. Und die richtige Stärkung, um mit der Rolltreppe nach oben zu fahren und über den Russen-Markt zu gehen. Hier gibt es billige Kleidung, Ramsch, alte sowjetische Orden und viel aus Plastik. Am Wochenende kann es sehr voll sein, an Wochentagen eher nicht.
7. Zum Schloss Kadriorg fahren
Am Stadtrand, gut mit der Tram 1 oder 3 zu erreichen, liegt die alte Sommerresidenz der Zaren. Das Schloss Kadriorg oder zu deutsch: Katharinental. Im Schloss ist ein Teil der Kunstsammlung des Landes untergebracht. Ihr könnt die Räumlichkeiten mit der Tallinn Card kostenlos besichtigen. Um das Schloss ist ein schöner Schlosspark, in dem man wunderbar spazieren gehen kann. Hinter dem schloss befinden sich zwei weitere Sehenswürdigkeiten: Der Präsidentenpalast und das KUMU, das Museum für moderne baltische Kunst. (Einen Überblick über die wichtigsten Museen findet ihr hier)
8. An den Strand fahren
OK, zugegeben. Das Winterbild ist jetzt nicht so reizvoll. Ich kann euch den Strand in Pirita trotzdem nur empfehlen. Also auf jeden Fall im Sommer. Der Sandstrand ist breit und zwei Kilometer lang. Ihr habt zudem einen schönen Blick auf die Boote im Yachthafen. In Pirita befindet sich zudem das alte Brigitten-Kloster. Von dem stehen nur noch die Außenmauern. Ein eindrucksvolles Gebäude. Aus der Innenstadt fahren die Busse 1A, 8, 34A, 38, 174. Im Winter kann es eisig kalt sein. Eine Alternative wäre vielleicht der Weihnachtsmarkt in der Altstadt 🙂
9. Die gigantische Sängerbühne besichtigen
Sehen so Orte aus, an denen Revolutionen stattfinden? In Estland schon. Die baltischen Staaten haben sich mit der „singende Revolution“ und einer Menschenkette durch Lettland, Litauen und Estland gegen die sowjetischen Panzer gewehrt. Sie haben gegen die Besatzer angesungen. Deshalb verbinden die meisten Esten mit diesem Ort etwas ganz besonderes. Auf der Bühne findet alle fünf Jahre das Sängerfest statt. Mit 100.000 Zuschauern und bis zu 15.000 Sängern auf der Bühne. Im Winter nutzten Kindern den Hang fürs Rodeln.
10. Im Kreativ-Viertel Telliskivi einen Pulled-Pork-Burger essen…
…oder einen Cappuccino mit Hafermilch bestellen. Telliskivi ist das Hipster-Viertel von Tallinn. Mit kleinen Start-Ins, Kreativ-Unternehmern, Mini-Boutiquen, dem Fotografie-Museum und einer Food-Truck-Meile. Echt empfehlenswert. Ganz anders als das etablierte Tallinn und total nett und spannend. Die Sowjets bauten und reparierten hier einst Lokomotiven und Transformatoren. Nach dem Ende der sowjetischen Herrschaft verfiel das alte Industriegelände. Seit den 200er-Jahren wird es als Kreativviertel genutzt. Es gibt hier eine Eisfabrik, Clubs und ganz viel Gastronomie. Telliskivi liegt direkt neben dem Bahnhof und der Markhalle.
Mit der Tallinn Card: Von U-Booten bis zu Gefängniszellen: Das Gefängnis Patarei war in Estland genauso berühmt wie gefürchtet. Während der sowjetischen Herrschaft wurden hier Regimegegner inhaftiert. Das Gefängnis kann heute besichtigt werden. Genauso wie der benachbarte „Seaplane Harbour“ mit einem echten U-Bahn und zahlreichen anderen Schiffen. Tallinn hat eine unheimlich dichte Museumslandschaft. Eine Übersicht über 15 wichtige Museen, die mit der Tallin Card kostenlos besichtigt werden können, findet ihr in diesem Artikel. Zudem könnt ihr mit der Karte umsonst Tram und Bus fahren.