1. Mai 2024

Was die Deutsche Bahn vom japanischen Shinkansen lernen kann

Pünktlich, zuverlässig, schnell. Die Shinkansen-Züge in Japan sind so wie man sich Zugverkehr in Deutschland erträumen würde. Was machen die Japaner anders als wir?

Der Shinkansen ist ein Traum für alle, die Zug fahren müssen oder wollen. Für die über 500 Kilometer von Tokio nach Shin-Osaka benötigen die japanischen Schnellzüge 2,5 Stunden. Mit dem Autos wärst du sechs Stunden unterwegs. Da die Gleise vom Shinkansen aber fast wie ein Strich durch die Landschaft verlaufen, ist der Shinkansen viel schneller. Da steigt man gern auf die Bahn um.

Die Shinkansen von Hiroshima nach Shin-osaka und Tokio fahren immer von Gleis 13 oder 14

Es ist die Summe verschiedener, auch kleiner Dinge, die Zugfahren in Japan zum Vergnügen machen: Ich muss beispielsweise nicht lang nach dem Gleis suchen. Der Zug fährt in der Regel immer vom selben Gleis, allenfalls mal vom zweiten Gleis am selben Bahnsteig. Ein Beispiel: In Hiroshima fahren alle Züge nach Shin-Osaka und nach Tokio auf Gleis 13 oder 14. Schon in der Bahnhofshalle stehen Hinweise „Shinkansen to Shin-Osaka & Tokyo Platform 13 & 14“. Der Hikari-Shinkasen von Himeji nach Kyoto fährt immer im Stundentakt (9.11 Uhr, 10.11 Uhr, 11.11 Uhr etc.) von Gleis 11. Einfacher geht es nicht. Kein Suchen auf dem Bahnhof. Und wenn man einen Zug verpasst hat, dann fährt der nächste eben auf demselben Gleis. Nur etwas später.

Immer vom selben Gleis

Im Übrigen weiß ich auch genau, wo ich einsteigen muss. Ich habe eine Sitzplatzkarte für Wagen 5. Also suche ich am Bahnsteig das Schild, auf dem steht, dass an dieser Stelle Wagen 5 hält. Das ist immer dieselbe Stelle. Veränderte Wagenreihungen gibt es nicht. Die Shinkansen-Züge haben immer acht oder 16 Wagen. Durchgehend nummeriert von 1 bis 8 bzw. von 1 bis 16.

An diesem Schild hält Wagen 8 eines Zugs mit 8 Waggons; in Wagen 1 -3 der Mizuho-, Sakura- und Hikari-Shinkansen sind nicht-reservierte Plätze

Es gibt Wagen mit reservierten und welche ohne reservierte Plätze. Auch das ist gleich am Bahnsteig ausgeschildert. „Wagen 5 – 8 unreservierte Plätze“. Es schieben sich also keine Massen durch die Züge, um einen freien Platz zu suchen. Wer einen Sitzplatz gebucht hat, geht zu seinem Wagen. Wer keinen hat, stellt sich am Bahnsteig in die Schlange vor den Wagen mit nicht-reservierten Plätzen.

Takt: Mehrmals pro Stunde

Wenn man nicht reserviert hat, muss man in der Regel keine Angst haben, keinen Platz mehr zu bekommen. Die Züge auf den wichtigen Verbindungen kommen im Stunden-Takt. Meistens sogar häufiger. Zwischen 9 und 9.15 Uhr fahren beispielsweise vier Shinkansen von Tokio nach Osaka. Innerhalb einer Viertelstunde. Von Hiroshima nach Shin-Osaka fahren dreimal stündlich an Werktagen Züge. Und die sind pünktlich und fallen auch nicht permanent aus. Die längste Verspätung, die ich in Japan erlebt habe, betrug neun Minuten. Und das wegen eines Unwetters.

Auch Regionalzüge fahren häufig im Viertelstunden-Takt

Dass die Züge so häufig fahren, gilt übrigens nicht nur für die Langstrecke. Auch Regionalzüge fahren in der Regel auf den beliebten Strecken im Viertelstunden-Takt. Natürlich pünktlich und natürlich immer auf demselben Gleis. Im Übrigen sind die Züge auch sehr preiswert. Insbesondere regionale Strecken, die die Japaner zur Arbeit benutzen, sind günstig. Es gibt deshalb kaum einen Grund, mit dem Auto zu fahren. Das dauert länger und ist wegen der Parkgebühren auch teurer.

Nicht mal vier Stunden für 800 Kilometer

Strecken von 500 Kilometern schafft der Shinkansen in 2,5 Stunden. Für die 800 Kilometer zwischen Tokio und Hiroshima benötigt der Schnellzug 3 Stunden und 45 Minuten. Zum Vergleich: Für die 600 Kilometer zwischen Dortmund und München braucht der ICE fast sechs Stunden. Die japanischen Schinkansen sind dabei in der Spitzengeschwindigkeit gar nicht so schnell, sie rollen nur in einem kontinuierlich hohen Tempo von 250 bis 300 km/h.

Der Shinkansen fährt erhöht. Aus dem Zug blickst du wie hier in Hiroshima häufig auf die anderen Schonen herab

Dass die Züge so schnell sind, hat einen Grund: Sie fahren auf einer eigenen Trasse, auf der nur Schnellzüge verkehren. Kein Güterzug, keine Regionalbahn halten die Shinkansen auf. Die Schienen für den Shinkansen liegen häufig mehrere Etagen höher als die der normalen Züge. Der Shinkansen fährt insbesondere in den Städten auf Betonpfeilern. Das sieht alles andere als schön aus. Und sicherlich haben einige Hausbesitzer ihre Immobilien und Grundstücke aufgeben müssen, weil die Bahn gebaut wurde.

Shinkansen halten häufig in Vororten

Viele Züge halten übrigens deshalb an Bahnhöfen die „Shin-…“ heißen. Also beispielsweise in Shin-osaka. Shin heißt auf deutsch „neu“. Shin-osaka ist also Neu-Osaka. In die Vororte ließen sich die Schnellstrecken in den 1960ern besser bauen. Von Shin-Osaka bist du aber innerhalb weniger Minuten am Hauptbahnhof, der zwei oder drei U-Bahn-Stationen entfernt ist.

Die Züge fahren wie hier in Kyoto in den Städten häufig auf Betonpfeilern

Bei uns versucht die Deutsche Bahn mittlerweile auch mehr Schnellstrecken zu bauen. Aber sie trifft beispielsweise im Bereich zwischen Bielefeld und Hannover auf erhebliche Widerstände von Naturschützern, die die Strecke verhindern wollen. Bei mir im Ruhrgebiet fährt der ICE wie ein Bummelzug. Es müsste dringend eine eigene Strecke für die Schnellzüge her. Nur müsste dafür etwas abgerissen werden. Ob das bei uns jemand will? Und ob wir hohen Betonpfeiler in Städten sehen wollen? Das scheint aber der saure Apfel zu sein, in den man beißen muss, wenn man schnellen zuverlässigen Bahnverkehr will.

Mit dem Shinkansen und dem Japan Rail Pass durch Japan – Eine der schönsten Reise-Möglichkeiten in Japan ist die Fahrt mit dem Japan Rail Pass. Ihr könnt den Pass für 7, 14 oder 21 Tage kaufen. Dann könnt ihr damit Züge von der Regionalbahn bis zum superschnellen Shinkansen umsonst benutzen. So viel ihr wollt. Ihr müsst ein Voucher für den „JR Pass“ in Deutschland bestellen. Das ging früher nur über das HIS-Reisebüro in Frankfurt, Berlin und Düsseldorf. Mittlerweile gibt es weitere Agenturen, die einen Verkauf online anbieten. Auch bei Getyourguide bekommt ihr inzwischen Pässe. Der Reiseveranstalter Journaway bietet Japan-Rundriesen inklusive JR-Pass, Hotels und Flug an. Zum Beispiel eine Reise mit City-Hopping oder eine Deluxe-Reise inklusive Zugticket, Nahverkehrsticket, Flug und Hotel. Alles, was ihr über den Japan Rail Pass wissen müsst, im Artikel „Wie funktioniert der Japan Rail Pass?“

Kommentar verfassen